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  • AutorenbildManuel Naranjo

Echte Stimmen aus der Schweiz mit künstlerischer Intelligenz

Aktualisiert: 30. Juni 2023

Seit einigen Wochen beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema KI und Stimme. Tools wie ChatGPT versprechen unseren Arbeitsalltag zu vereinfachen. Kein Wunder schiessen diese KI Programme zurzeit wie Pilze aus dem Boden. Textgeneratoren, Bildgeneratoren, Musikgeneratoren bis hin zu Stimmengeneratoren.


Für uns Sprecher:innen sind diese Stimmgeneratoren nicht nur eine Bedrohung, weil wir in Zukunft wahrscheinlich den einen oder anderen Job an sie verlieren werden. Für die Entwicklung und das Training dieser Stimmgeneratoren werden entweder spezifische Aufnahmen gemacht oder gar bestehende Stimmaufnahmen genutzt, was aber selten mit dem Urheberrecht der Sprecher:innen vereinbart ist. In beiden Fällen sind die Verträge meist so konzipiert, dass die Sprecher:innen alle Rechte auf ihre Stimme abtreten müssen und somit weder entscheiden noch kontrollieren können wofür ihre syntethisierte Stimme eingesetzt wird – und über ein einmaliges Honorar auch nicht am Erfolg dieser Entwicklungen beteiligt werden.


In jüngster Vergangenheit haben Kolleg:innen aus dem englischen und spanischen Sprachraum ihre Stimme auf Plattformen solcher Stimmgeneratoren entdeckt, ohne je ihre Einwilligung dafür gegeben zu haben. Um dieser wildwuchernden Entwicklung entgegen zu wirken haben sich Sprecherorganisationen aus der ganzen Welt zu UVA – United Voice Artists zusammengeschlossen. Unser gemeinsames Ziel: Die Entwicklung von KI in Einklang mit unseren Rechten zu bringen.


Auch die Schweizer VPS ASP ist bei UVA dabei. Zum Anlass der Generalversammlung 2023 hat die VPS ein Manifest zu diesem Thema veröffentlicht:



Professionelle Sprecher:innen auf der ganzen Welt melden sich zu Wort.

Einleitung:

Seit der ersten Zeichnung, die von Hand in eine Höhlenwand geritzt wurde, seit der ersten Musiknote, seit dem ersten schriftlichen Dokument, verspüren die Menschen das Bedürfnis, ihre eigene künstlerische Intelligenz zum Ausdruck zu bringen. Der Akt des Schaffens liegt in der Natur des Menschen und beinhaltet die Nutzung der eigenen Vorstellungskraft und Vision für die Zukunft – und insbesondere der menschlichen Stimme. Der wahllose und unregulierte Einsatz künstlicher Intelligenz stellt ein Risiko dar, das zum Aussterben des künstlerischen Erbes der Kreativität und des Staunens führen könnte – ein Gut, das Maschinen nicht hervorbringen können.




Um dieses Erbe zu schützen und zu bewahren, hat sich die Vereinigung professioneller Sprecherinnen und Sprecher der Schweiz VPS ASP mit den wichtigsten Berufsverbänden und Gewerkschaften aus dem EU-Raum – Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland, Österreich, Belgien und Polen – sowie des Vereinigten Königreichs, den USA und Lateinamerika in der Organisation UVA – United Voice Artists zusammengeschlossen.


UVA ist bestrebt, eng mit Entscheidungsträgern zusammenzuarbeiten, um Vorschriften zu erlassen, die den Einsatz von KI-Technologien mit der menschlichen Kreativität sowie den Datenschutzbestimmungen und den Rechten der Künstler in Einklang bringen. Daher sind politische Initiativen von entscheidender Bedeutung, um den Lebensunterhalt von Sprecher:innen zu sichern, der von einem fairen Umgang mit ihrer Arbeit und ihrem Beitrag zur Bewahrung der authentischen kulturellen Identität ihrer Gemeinschaften abhängt.



Ziele:

Wir fordern Politiker und Gesetzgeber auf, Folgendes anzugehen:

  • die inhärenten rechtlichen und ethischen Risiken bei der Konzeption, Schulung und Vermarktung von KI-generierten Inhalten laufend zu beobachten,

  • die Notwendigkeit, im Hinblick auf die rasante Entwicklung von KI-Technologien in Europa den Schutz der Künstlerrechte und der Datenschutz Grundverordnung (DSGVO) bzw. der schweizerischen Gesetzgebung zum Datenschutz (DSG und DSV) anzupassen.



Unsere Anliegen :

Schutz der Arbeit und der menschlichen Kreativität von Schauspieler: innen und Sprecher:innen:

Jeder Einsatz von KI-Technologie zum Erzeugen und Klonen menschlicher Stimmen muss der ausdrücklichen Zustimmung der Sprecher:innen und Darsteller:innen unterliegen, die dadurch in der Lage sein müssen, die Nutzung ihrer Werke (sowohl vergangene als auch zukünftige) für Zwecke zu verweigern, die nicht ausdrücklich von ihnen genehmigt wurden. Und es müssen ihnen einfache Wege zur Verfügung stehen, um die Geltung dieser Wahl sicherzustellen.



Wahrung von Eigentums- und Leistungsschutzrechten:

Derzeit ist die generative KI-Technologie zur Verbesserung ihrer Lernfähigkeiten stark auf Online-Sourcing angewiesen, was regelmässig das illegale Abschöpfen und Verwenden von urheberrechtlich geschützten Daten und Inhalten beinhaltet. Der Erfassungsprozess verifiziert nicht, ob diese Daten und Inhalte wiederverwendet werden dürfen oder nicht.



Schutz personenbezogener Daten:

Die Sprecher:innen machen die Datenschutzbehörden darauf aufmerksam, dass generative KI-Technologien wahrscheinlich „sensible“ personenbezogene Daten (Stimmen gelten gemäss der DSGVO als biometrische Daten; und gemäss Art. 27ff. ZGB zählt die Stimme zu den Persönlichkeitsgütern und steht unter Persönlichkeitschutz.) in Zusammenhängen und für Zwecke nutzen, die bisher weder genau definiert noch transparent sind.


Bildrechte, Persönlichkeits- und Publizierungsrechte im gesamten EU-Block angleichen:

Derzeit gibt es in der EU einen Flickenteppich nationaler Gesetze, der Künstler:innen hinsichtlich des Schutzes ihres Gesichts, ihrer Stimme und ihres Abbilds bei kommerziellen Anwendungen verunsichert.


Haftung für KI-generierte Inhalte:

Das KI-Gesetz muss sicherstellen, dass die Hauptverantwortung und Haftung für etwaige Schäden bei der Quelle der generativen KI-Systeme, den Anbietern der Basismodelle sowie etwaigen Anbietern einer nachgelagerten Anwendung liegt.


Gewährleistung von Transparenz für generative KI:

Jede geklonte und/oder synthetische Stimme muss eindeutig gekennzeichnet und mit einer spezifischen und hörbaren Markierung nachverfolgbar sein, damit Benutzer sich des Ursprungs der sprechenden Stimme bewusst sind. Diese Forderung steht im Einklang mit der Bestimmung der Identifizierbarkeit von durch KI-Systeme generierten Inhalten im Entwurf des EU-KI-Gesetzes, diese muss jedoch weiter verbessert werden.


Nachhaltigkeit eines Kulturguts:

Sprecher:innen sind Teil des Kulturguts ihrer Gemeinschaften. Ihre Rolle, bei der Bewahrung der kollektiven Identität muss daher geschützt werden.


Durchsetzung eines Moratoriums:

Es muss ein Moratorium für den Einsatz von Sprachsynthese- und Klontechniken mit generativer KI eingeführt werden, bis es eine klare Regelung gibt, die die Rechte aller professionellen Sprecher:innen schützt und die Kontinuität ihrer kulturellen Rolle sichert.


Dialog etablieren:

Es muss ein offener und konstruktiver Dialog zwischen Studios, Sprecher:innen und allen anderen Teilnehmern der Branche etabliert werden, um sicherzustellen, dass die Rechte von Sprecher:innen respektiert werden. Dazu gehört auch die verbindliche Einführung von Vertragsbedingungen, um die Nutzung menschlicher Stimmproben durch generative KI-Technologien zu Schulungszwecken ohne aktive Zustimmung der ausübenden Künstler:innen/Eigentümer:innen zu verhindern.



Allgemeine Informationen:

Die Vereinigung professioneller Sprecherinnen und Sprecher wurde 1990 gegründet und zählt heute rund 250 Mitglieder. Ihr Ziel ist die Wahrung der Interessen ihrer Mitglieder. Unter anderem sind dies: Weiterbildung, Vertretung gegenüber anderen Vereinigungen oder Verbänden, einvernehmliche Verhältnisse zu Partnern wie Studios, Produzenten und Werbeagenturen sowie juristische Beratung.



Kontakt für Anfragen:

Vereinigung professioneller

Sprecherinnen und Sprecher Postfach 8031 Zürich




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